Zwergenfluch ist das erste Solowerk von Frank Rehfeld, der bis dato nur Sachen zusammen mit Hohlbein geschrieben hat. Ich war also gespannt auf einen neuen Autor und noch mehr gespannt, ob Rehfeld es vielleicht schafft Zwerge in das rechte Licht zu rücken. So wie es schon viele Autoren versucht haben, aber kläglich gescheitert sind.
Die Zwerge graben zu tief - nichts Neues, aber ist ja erst mal nicht schlimm. Dabei befreien sie ein Übel, das Jahrtausende wartete, um in Hass und reiner Blutgier ernte zu halten und zunächst das Leben aller Zwerge und dann auch wirklich aller Wesen zu bedrohen. Zwergenfluch handelt von der Befreiung dieses Schreckens, der sich bald als Dunkelelfen herausstellt. Letztendlich könnte man sogar Drow sagen, denn einzig ihre helle Haut ist ein Unterschied zu den allseits bekannten Tiefenelben. Ein gewaltiges Rückzugsgefecht, bei dem man eigentlich nur einen Eindruck erhält, die Zwerge werden untergehen. Dabei wird eine kleine Gruppe Zwerge ausgeschickt, um die Elben der Oberfläche um Hilfe zu bitten, denn sie waren es, die nach einem grausamen Krieg vor Urzeiten die Dunkelelben tief unter den Berg verbannten.
OK, ist nicht wirklich ein neues Konzept, aber Rezepte für Schweinebraten gibt es viele und eigentlich zählt am Ende doch nur eines: Wie schmeckt er? Und dieser Braten schmeckt hervorragend. Rehfeld benutzt erlesenste Zutaten, kocht und brät mit Herz und serviert mit Liebe, so dass der Leser nur in Hochgenuss schwelgen kann. Dabei bedient er sich einer eingängigen, wenig schweren Sprache, die ich persönlich in die Gefilde eines Hardebuschs ansiedeln würde.
Wir haben also schon mal hervorragende Fantasy. Aber wie sieht es mit den Zwergen aus? Ich glaube, ich lehn mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, das jede Zwergenstadt unweigerlich mit Tolkiens Moria verglichen wird und jeder Zwerg mit Tolkiens Gimli, mit Salvatores Bruenor Heldenhammer und mit Weiss & Hickmans Flint Feuerschmied.
Und was passiert? Elan-Dhor ist perfekt und das Bild einer gewaltigen Zwergenstadt, die aber den Zenit schon lange überschritten hat, zeichnet sich vor dem geistigen Auge wunderbar.
Barlok, der alternde Zwergenkrieger, der nicht mehr die Kraft von früher hat, aber mit seiner Erfahrung alles wett macht, ist genauso perfekt gezeichnet, wie sein junger Zögling Warlon. Tharlia und Ailin als Priesterinnen sind so glaubwürdige Zwerginnen, wie es nur gehen kann. Selbst in Sachen wie Politik und Glaube. Ein alternder, verrückter König, der die Zwerge immer mehr in den Untergang treibt. Themen, die kaum ein Autor bisher je ansprach und auch der Dieb und ausgestoßene Zwerg Lokin ist genial und absolut ein Zwerg in eben der Situation. Und so zeichnet es sich mit dem gesamten Volk. Denn es ist wahrlich ein Zwergenroman.
Natürlich kommen auch andere Völker vor, aber halt nur in der Nebenrolle. Es geht nur und ausschließlich um die Zwerge in diesem ersten Band, auch wenn sich abzeichnet, dass die Elben in den zwei Folgebänden noch eine Rolle spielen werden. Einfach genial!
Rehfeld hat einfach jedes Klischee über die Zwerge genommen, es als wahr gesetzt und darum einer fantastische Geschichte gestrickt.
Dabei experimentiert er nicht. Es gibt nichts Neues in Zwergenfluch. Man hat bei allem sofort klare Bilder vor Augen, die andere Autoren vor ihm gezeichnet haben, aber es ist nicht schlimm. Absolut nicht, denn wie gesagt, der Braten ist hervorragend. Und das es ein klares Schwarz-Weiß-Bild in dem Roman gibt und mehr als wenig Grautöne. Endlich mal wieder weiß man, für wen man halten muss und wem man sein Herz schenkt und das bei einem deutschen Autor!
Das er dabei schamlos direkt Sätze aus dem Herrn der Ringe nutzt, sowohl Buch wie Film und sie auf Zwerge ummünzt, lässt einen oft schmunzeln und auch das ist hervorragend, denn sonst gibt es nicht wirklich viel zu lachen in dem Buch.
Einzig die Tzuul sind neu... und gleichzeitig einer der beiden Kritikpunkte, die ich habe. Die einzigen zwei Kritikpunkte. Die Tzuul sind Halbtrolle. Er beschreibt sie eindeutig als Kreuzung von Trollen mit Menschen, wobei Trolle menschliche Frauen vergewaltigt haben. OK, dachte ich zuerst, dann aber trifft man auch auf echte Trolle in dem Buch und oh je, es sind die drei Meter Riesen, wie man sie doch kennt. Eigentlich viel zu tumb, als das die einen menschlichen Mann von einer Frau unterscheiden könnten und wenn sie es doch können, dann würden sie die Frauen wohl kaum vergewaltigen, sondern schlicht töten. Und selbst wenn ein Troll mal etwas klüger wäre und eine in seinen Augen schlicht nur hässlich seiende Menschenfrau vergewaltigen würde - hallo? - das würde allenfalls eine von Hundert Frauen auch nur überleben, so dass es die Tzuul niemals in diesen Mengen geben könnte, die Rehfeld beschreibt und selbst das nicht genannte Argument, dass sich die Tzuul vielleicht auch unter sich vermehren, zieht nicht wirklich. Das ist von Rehfeld definitiv nicht ordentlich durchdacht worden.
Der zweite Punkt ist eine persönliche Katastrophe am Ende des Buches, die an Grausamkeit kaum übertroffen werden kann und mehr als hennenistische Züge hat. Warum es so geschah, wird zwar noch in diesem Buch klar, aber ich hätte mir da eine andere Lösung gewünscht, denn noch mehr Hass auf die Dunkelelben musste Rehfeld nicht mehr schüren und wenn er jemanden brauchte, der nun wirklich nichts mehr zu verlieren hat und für den der Tod wohl eher eine Gnade wäre, so hätte man das auch anders lösen können. Schade.
Trotzdem aber bleibt für mich nur ein einziges Fazit zu ziehen:
Zwergenfluch ist Rehfelds erster Solofantasyroman und er ist absolut genial. Er macht definitiv Hunger auf mehr. Nicht nur auf die noch zwei folgenden Bände, sondern auf wirklich mehr und ich hoffe, dass hier ein zusätzlicher, neuer Stern der deutschen Fantasywelt erwacht. Was aber noch viel schwerer wiegt ist, dass Zwergenfluch der absolut erste Zwergenroman ist, der diesen Namen auch verdient!
Der Roman ist ein absolutes Muss! Geht in den Laden, surft zum Buchhändler eures Vertrauens! Zwergenfluch muss gelesen werden!
Zwergenfluch
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Zwergenfluch
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Ja, ja, ja und ja. Gelesen und damit einverstanden, mit dem Buch wie mit der Rezension. Sogar mit den beiden Kritikpunkten stimme ich überein, obwohl der zweite Punkt mit der persönlichen Katastrophe viel schwerwiegender ist. Das hätte wirklich nicht mehr sein müssen. Davon aber mal abgesehen ist es mit Abstand das Beste was man über Zwerge lesen kann. Wenn ich mir auch noch die Dunkelelben ansehe, dann verblassen die handelsüblichen Drow neben denen zu Kuschel-Drow. Ansonsten könnte ich nur copy und paste machen, weil Thorsten alles richtig erläutert hat.
Und ja, kaufen, lesen und genießen!
Und ja, kaufen, lesen und genießen!