Drachenelfen

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Thorn La Fahr
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Drachenelfen

Beitrag von Thorn La Fahr »

Die Alben sind der Welt müde, könnte man glauben, denn immer mehr von ihnen ziehen sich ins Mondlicht zurück und nur noch wenige verbleiben in Albenmark. Ohne Führung sind so ihre ersten Kinder, die Drachen. Selbst mit fast uneingeschränkter Macht ausgestattet, fürchten sie doch die Devanthare. Jene andere Hälfte der Schöpfer der drei Welten. Die Devanthare leben weiterhin als Götter bei ihren Kindern, den Menschen auf Daia. Und jetzt streben die Devanthare und ihre Kinder auch noch nach Nangog, der dritten Welt, ein von intelligentem Leben freier Paradieswelt. Und so wie die Alben für das Schöne und Unveränderliche stehen, so stehen die Devanthare für das genaue Gegenteil. Kann das Ziel dann nicht einzig sein, dass die Menschen und Devanthare am Ende auch Albenmark zu annektieren versuchen würden?
So scheint ein Krieg unvermeidlich. Doch wie sollen sich wenige Drachen gegen Götter verwehren. Wie sollen die wenigen, auserwählten Elfen, die Drachenelfen, sich gegen die schiere Masse der Menschen zur Wehr setzen können? Und was ist mit den Zwergen, die losgelöst von allem Geschehen umher, die Magie der Drachen suchen, um so eine Herrschaft frei von Drachen zu errichten?
In diese Zeit, die auf ein Ende der herrschenden Ordnung zusteuert, findet die Elfe Nandalee ihren Weg zu den Drachen und wird zur Schülerin, an dessen Ende eine Drachenelfe stehen würde. Doch was ist ihr Sinnen? Denn die Drachen vermögen nicht, ihre Gedanken zu lesen und ihre Unbeherrschtheit lässt sie Zauber wirken, die selbst die Mächtigsten fürchten lässt. Wird sie in der Lage sein, das Blatt zu wenden oder wird sie gar der letzte Auslöser für den Untergang sein?
Und was ist mit Artax, dem Bauer, der durch einen Devanthar zu einem der sieben Unsterblichen, der Herrscher der Menschen erhoben wird? Er will nur, dass es den Menschen besser geht, doch die Stricke der Macht und ihre Folgen ziehen ihn in einen Strudel, der ihn am Ende sein gutes Herz verlieren lassen kann. Und Obendrein scheint ein Krieg mit den Daimonenkindern, den Dienern, der Drachen unausweichlich.
Leser von die Elfen und Folgeromanen wissen, wie die Welt einige Jahrhunderte später aussieht. Doch wie es dazu kam, das wird hier erzählt, auch wenn die Geschehnisse und ihre Helden in der Welt der Elfen von heute schon längst vergessen sind.

Man, ich war ja so was von skeptisch. Denn nennen wir es doch beim Namen. So grandios wie die Elfen waren, so ließen die Folgeromane doch immer mehr zu wünschen übrig. Und machten die Elfenritter noch Hoffnung, so war die Elfenkönigin dann doch nicht mehr als ein Absturz ins untere Mittelmaß der Fantasyliteratur.
Es dauerte 10 Seiten? Vielleicht 15? Und ich fühlte mich zurück geschleudert in die Elfenwelt. Da war er wieder! Der Hennen, wie er mich mit den Elfen so sehr begeistert hat, wie er ich in seine Welt und seine Geschichten gezogen hat und ich kein Mittel fand, mich auch nur annähernd dagegen zu wehren.

Zum einen sind da seine Charaktere. Nandalee, die wilde Elfenjägerin, die in Ereignisse verstrickt wird, die weit über ihren Horizont gehen und durch die sie sich einfach durchwurstelt. Dabei aber gewinnt sie immer mehr an Macht und es scheint wirklich, als ob sie eine entscheidende Person im Schicksal der Welt darstellt.
Oder Gonvalon, der Drachenelf, das Winterkind, der Schwertmeister, an dem der Fluch lastet, dass all seine Schülerinnen sterben, er sich aber doch wieder verliebt und sich aus Liebe vielleicht sogar gegen seine Herren, die Drachen, stellen wird.
Genannt werden muss Bidayn, die scheue, schüchterne Elfe, die zu einer immer stärkeren Zauberweberin wird, dabei aber ihre Sanftmütigkeit nicht verliert, was im krassen Gegensatz dazu steht, dass sie letztendlich auch nur eine Assassine der Drachen ist.
Lyvianne, die Meisterin, Alt und erfahren und mit Geheimnissen behaftet. Verstrickt in alle Geschehnisse, treu bis aufs Blut, auch wenn sie weiß, dass es ihre Seele zerreißen wird.
Und noch Artax, der Mensch, der Bauer, der per Zufall an Macht gelangt, die Welt verbessern will und doch alles, was er tut, es doch nur schlimmer zu machen scheint.

Natürlich gibt es auch wieder zwei Liebesgeschichten. Ohne würde es auch nicht gehen bei Hennen. Und man weiß, dass sie bitter, zerstörerisch enden werden, ist es doch eben ein Hennen. Spannender Weise aber machte und macht mir das keine Angst. Ich habe überlegt, woran es liegt und bin zu einer recht simplen Lösung gekommen. Sonst hat man als Leser ja wenigstens die Hoffnung, dass irgendwas mal, auch bei einem Hennen, gut ausgehen mag. Die Hoffnung wird zwar jedes Mal zerstört, aber sie ist da. Aber diesmal weiß man ja, worauf es hinaus laufen wird. Wir wissen durch die vorhergegangenen Elfenromane, dass es keine Drachen mehr gibt, dass die Alben ins Mondlicht gegangen sind, dass Nangog eine zerrissene und zerstörte Welt ist, dass es nur noch einen Devanthar gab und wir wissen, dass kein Name, der in Drachenelfen fällt, heute noch eine echte Bedeutung hat oder bekannt ist. Ohne Hoffnung, bleiben nur die Fakten, ist ja auch logisch, würde Hennen sonst seine Romane ja ad absurdum führen. Wo also das Endergebnis klar ist, bleibt nur noch der Weg dahin und der hat es mehr als in sich!

Stand in die Elfen die Geschichte im absoluten Mittelpunkt, so ließ das von Roman zu Roman immer mehr nach. Erst kam die Ideenlosigkeit, dann kam, dass Emotion beim Leser nur noch geschürt wurde, indem den Charakteren übelstes Leid widerfuhr, um am Ende sogar noch da zu landen, dass Herr Hennen eine Idee hatte und die Geschichte bog und wendete, dass sie auch genau da hin lief... ohne Rücksicht auf Verluste und Logik in der Handlung. Drachenelfen ist die Rückkehr zur Geschichte, zum Inhalt. Das Buch strotzt nur so von kleinen und großen Ideen. Handlungsfäden, die einen packen und nicht mehr loslassen und vor allem in sich logisch sind und nicht zurecht gebogen sind.
Die normalen Elfen, die magisch wie Toastbrot sind und deren verborgenes Auge erst geöffnet werden muss, durch die Drachen. Die Drachen, die eigentlich verzweifelt sind, aber mit solchem Hochmut und solcher Macht ausgestattet, dass sie es sich selbst gegenüber niemals eingestehen würden. Die zwei Welten, Albenmark und Daia, die man zu kennen glaubt, Hennen den Leser aber mit vielen kleinen Details zu überraschen weiß und natürlich Nangog! Ich will da gar nichts verraten, aber was Hennen da aus dem Hut gezaubert hat, ist ganz große Fantasy, ganz große! Die Menschen, die für die Devanthar nur Ameisen sind. Aber sie sind Götter... oder so was Ähnliches. Ihre Streitereien untereinander – wunderbar. Und natürlich die Alben, die irgendwie ihre Schöpfung einfach im Stich lassen. Das unter der Aufsicht der Drachen, aber bei aller Macht, die sie den Drachen gaben, gaben sie ihnen eine ganze Kelle voll zu wenig Weisheit. Außerdem natürlich wieder die Schale der Prophezeiung und die Gezala mit ihren Prophezeiungen. Wobei die Drachen darauf genauso rein fallen, wie Emerelle es Jahrhunderte später tun wird.
Die Ideen nehmen kein Ende und ich wollte einfach wissen, wie es weiter geht. Ohne Gnade auf Verluste. Und ständig am grübeln, was denn wo irgendwas bedeuten könnte, ohne durch eine derbe Fäkalsprache aus der Handlung gerissen zu werden und immer wieder darüber nachdenkend, wer in diesen Romanen wohl in den vorher geschriebenen in welchen Charakteren wiedergeboren wurde. Einiges scheint klar. Anderes ist für wilde Spekulation offen.
Ist das nicht genau das, was ein Buch perfekt macht? Hinein gerissen zu werden in eine Geschichte, die durch liebevolle und viele Details immer größer wird und doch nichts an Mysteriösität verliert? Und dazu eine Wortgewalt eines Bernhard Hennen, die für sich allein schon einen Leser zu fesseln vermag!

Also genug der Lobhudelei. Ja, es ist perfekt, ja, es ist ein Hennen, wie er sein sollte und wie er jede Erwartung erfüllt und sogar übertrifft! Hennen is back, bin ich versucht zu sagen... ach was! Ich sag es einfach!
Irgendwie hat sich mir der Eindruck aufgedrängt, dass Herr Hennen nach die Elfen eigentlich gar nicht weiter machen wollte. Dass der Verlag dies schlicht verlangte und er seine steigende Ideenlosigkeit eben mit Verzweiflung und abgeschlachteten Charakteren, wie auch effekthaschender Sprache zu kompensieren suchte. So muss ich dann im Gegenzug sagen, hier hat er wieder so richtig Bock auf seine Welt gehabt und eben auch die Ideen, um nicht nur ein Buch zu füllen, denn am Ende von Drachenelfen ist eines gewiss: Es war der Anfang und es wird mit Sicherheit mindestens drei Bücher brauchen, um die Vorgeschichte der Elfen zu erzählen.

Noch was zum Preis. Ich war ziemlich geschockt, als ich damals den Preis schon vor der Veröffentlichung sah. Ich finde auch immer noch, dass 17,99 nicht nur reichlich viel, sondern zu viel für ein Taschenbuch ist. Aber man muss die Relation sehen. Nicht nur weil es qualitativ den Preis rechtfertigt, sondern auch quantitativ. Um 1056 Seiten Rehfeld zu bekommen, müsste ich 42€ auf den Tisch legen! Ergo – kaufen, lesen und richtig, richtig gute Fantasy genießen.


Fazit:
Wortgewaltig! Sprühend vor Ideen! Eine große Geschichte. Vielfältige Charaktere, in die man sich durch die Bank versetzen und kann und mit denen man mitfühlt und mitleidet. Fantasy, wie sie sein sollte und endlich wieder ein Hennen, wie ich ihn lieben gelernt habe. Sechs von fünf Sternen!
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