Dämon, Dämon an der Wand

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Thorn La Fahr
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Dämon, Dämon an der Wand

Beitrag von Thorn La Fahr »

Königin Beatrice liegt im Sterben, doch Schneewittchen mag ihre 'Retterin' einfach nicht gehen lassen, so versucht sie die Seele der Königin in einen anderen Körper zu überführen. Aber die Magie dazu ist zu stark. Sie kann sie nicht kontrollieren. Und ihr Spiegel bricht. Dabei entweicht das Schlimmste, was Schneewittchens Mutter je tat - und dringt in sie ein. Übernommen von einem Dämon, entführt sie Aschenputtels Sohn und kehrt zurück in ihre Heimat, um dort blutige Rache zu nehmen an allen, die einst für ihre Verbannung sorgten, obwohl sie das Land von ihrer Mutter befreit hat. Verfolgt aber von Aschenputtel und Dornröschen und Gerta, die Schneewittchen und Jakob zurückgewinnen wollen. Aber wie soll das nur gelingen? Vor allem Schnee scheint mehr als nur verloren... .


Jim C. Hines macht im vierten und letzten Band seiner Märchenfantasy genau da weiter, wo er begonnen hat: Es wird immer dunkler, immer verzweifelter und irgendwie hat man von Anfang an ein ziemlich ungutes Gefühl bei der ganzen Sache - die der Autor auch bis zur letzten Konsequenz dann durchzieht. Blutig hat Hines ja eigentlich schon immer geschrieben, aber es gab immer was zu lachen. Na ja, es wurde mit jedem Band weniger und in Dämon, Dämon an der Wand kann man hier und da vielleicht noch schmunzeln, aber das war's. Erstaunlich dabei ist, dass Hines ernst eigentlich noch besser ist, als witzig.
Gewohnt gekonnt spinnt er eine kleine, aber packende Geschichte. Von vorn bis hinten glaubhaft und einfach... wie soll ich es nennen... durch geschrieben. Er geht keinen Konsequenzen seines Schreibens aus dem Weg. Vielleicht hat das Buch in der Mitte gewisse Längen, es kann aber auch einfach sein, dass ich das Buch aus der Hand legte, weil sich andeutete, wohin es führen würde und Hines ja schon immer vor nichts zurück schreckte.
Dabei liegt das Hauptaugenmerk einmal mehr auf den Charakteren, worauf ich auch noch mal gesondert eingehen möchte.

Talia:
Der Zwiespalt von Talia bei dem Schutz der ihr Anvertrauten versagt zu haben, die Angst Schnee, die Frau, die sie liebt, verlieren zu können und verzweifelt das Unausweichliche doch noch zu verhindern, ist so glaubhaft beschrieben, dass man eigentlich nicht anders kann, als ganz tief mit ihr mit zu leiden - und zu trauern.

Danielle:
Die Art, wie Danielle von Buch zu Buch reift und aus Aschenputtel eine Königin und vor allem liebende Mutter wird, die absolut alles dafür opfern würde, um ihren Sohn zurück zu erhalten, ist nicht weniger glaubhaft, als Talias Entwicklung und selbst als Mann (und ja auch von einem Mann geschrieben), denke ich, dass es genau so in einer Frau vorgehen kann.

Gerta:
Eigentlich nur ein magisches Gebilde, gedacht zur Aufnahme Beatrices, die aber doch immer mehr und mehr zu der imaginären Schwester Schnees wird, wie sie sich vorstellt und tatsächlich einen eigenen Charakter entwickelt. Das ist bei der doch eigentlich geringen Dicke des Buches und noch anderen Charakteren darin mehr als erstaunlich, wie er sie so gut hin bekommen hat, denn eigentlich ist sie der einzige, ständige Funken der Hoffnung in dem Buch.

Gerta ist auch einer der Hauptgründe, warum ich es wirklich bedaure, dass dies der letzte Band ist. Ich hätte sie gerne noch näher kennen gelernt. Im Nachwort sagt Hines zwar, dass er erst einmal diesen Freundinnen den Rücken zukehren wird. Aber ich kann mir auch gut vorstellen, dass es die letzten Worte in Hines' Märchenfantasywelt waren, die ich lesen durfte.
Schade, wirklich schade, aber dafür auch schon wieder Vorfreude auf das Neue aus Hines' Feder. Denn für mich ist er mit seiner Art zu schreiben, den klaren, nicht überbordenden Handlungsfäden und vor allem Charakterbeschreibung, -tiefe und -interaktion einer der doch zu wenig beachteten Autoren.


Fazit:
Einfach richtig guter Lesegenuss.
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