Au, au, au, Martin, was hast du da getan? Aber fangen wir erst mal mit dem Inhalt an. Der König stirbt, Ned Stark wird des Verrats beschuldigt, fest gesetzt und hingerichtet, die Untoten stehen auf und finden das erste Mal den Weg hinter den Wall und zuletzt verliert Daenerys ihren geliebten Mann, gewinnt aber dafür die Auferstehung der Drachen.
Warum ich keine Spoilerwarnung mache? Ganz einfach! Der Verlag meinte doch glatt, den Inhalt auf dem Rückendeckel zu schreiben. Es steht dort. Man muss das Buch gar nicht mehr lesen, denn alles wirklich Wichtige ist dort verzeichnet und die einzige Spannung ist nur noch das wie und nicht mehr die Tatsachen an sich.
Ich hab ja schon viel Müll auf Rückendeckeln gelesen, aber das sprengte wirklich den Rahmen und zwar vollkommen. Wie kann man da denn bitte schön eine Buchzusammenfassung hinsetzen und nicht den üblichen, mal mehr, mal weniger falschen Teaser???
Auf jeden Fall sehe ich nicht ein, eine Spoilerwarnung zu schreiben, wenn der Verlag es ja selbst nicht macht.
Aber vielleicht wollte der Verlag nur nicht im Schatten dessen stehen, was sich Martin im Buch selbst leistet und das ist wirklich ohne gleichen, wirklich ohne gleichen.
Fangen wir mit Ned Stark an.
Das Ned immer schwächer wurde, dank seines Autors, wurde schon im ersten Band klar. Martin hat ihm Dinge aufs Auge gedrückt, die er nie tun würde, wie Martin ihn selbst beschrieben hat. Aber als er zur Königin geht und ihr die Wahrheit sagt, das hat dem allen nur noch die Krone aufgesetzt. Das Ned das tat lässt sich mit gar nichts begründen. Es ist einfach nur schlecht. Das hat nichts mit Ehre und Gewissen zu tun, es ist einfach dumm. Ein so dummer Mann hätte niemals einen Landstrich regieren können. Schlecht! Schlecht! Megaschlecht!
Ned wurde mit jedem Kapitel unglaubwürdiger und allein deswegen musste Martin ihn sterben lassen. Martin hat diesen eigentlich guten Charakter so dermaßen durch sein Wollen versaut, dass es zum Himmel schreit. Dafür gehört Martin eigentlich gesteinigt.
Das er dann obendrein hingerichtet wird, obwohl er als Geisel viel wertvoller ist und auf einmal alle starken Personen, allen voran seine Mutter, um Jungkönig Joffrey herum nichts mehr machen und wieder nur klar wird, dass Martin es so will, weil er einfach die Tatsache braucht, dass Ned tot ist, ist da fast nur noch eine Kleinigkeit.
Sechs! Setzen, Herr Martin! Schreib nie wieder ein Buch!
Dann wieder Cat. Und wieder geht sie nicht zurück nach Winterfell zu ihren kleinen Kindern, als sie auf Robb trifft, nein, sie zieht mit in den Krieg, weil auf einmal ihr Vater wichtiger ist, als die Kinder. Ja geht’s denn noch??? Da versaut Martin gleich mal den nächsten Charakter. Martin hätte auch unten ein Sternchen einfügen können, wo er schreibt: Ja, ich weiß, dass das vollkommen unlogisch ist, aber ich will es so, denn sonst kann ich keine acht Bücher, sondern allenfalls zwei Büchern, mit denen ich Geld verdienen kann.
Schlecht! Schlecht! Megaschlecht!!!
Immerhin fiel ihm wohl dann bei Cat auf, was er da eigentlich verbricht. Und dann kommt er mit der Begründung, dass Robb wohl so was wie ihr Lieblingssohn ist. Ist zwar etwas unverständlich, aber so wie er es schreibt, dann doch glaubwürdig. – Nur... nicht im NACHHINEIN. Das hätte vorher kommen müssen. So ist es nur der billige Versuch eines gerade Biegens, der vollkommen in die Hose geht. Aber... nicht ganz so schlimm, wie Cats Reise nach Eire zu ihrer Schwester. Muss auch gesagt werden.
Und dann kam eine Kleinigkeit, die sich zu was wirklich Großem entwickelte. Robb sammelt die Heere, Berichte über die Kriegszüge der Lannisters sind bekannt. Und auch ist bekannt, dass Ned gefangen genommen wurde. Nur aus Gerüchten, aber die Tatsache an sich wird als wahr erachtet. Und dann kommt die Botenkrähe mit Sansas Brief.
Ich lag da auf meiner Couch und dachte nur eines: Hä?!? Da passt ja jetzt gar nichts mehr. Martin hat es ja nicht mit Zeitangaben. Man bleibt immer im Dunklen, ob da Tage oder gar Wochen vergangen sind und als das Kapitel anfing, dachte ich an Wochen, denn Heere lassen sich nun mal nicht von jetzt auf gleich sammeln. Und dann kommt diese Botenkrähe. Also entweder sollten dich die Leute da eindeutig neue Übermittlungswege für Nachrichten ausdenken oder auf geflügelte Boten verzichten und die Gerüchteküche zu nehmen, denn die scheint ja erheblich schneller zu sein über 1.000 Wegstunden, als eben ein Vogel.
So lag ich da und fragte mich einmal mehr, wie schlecht das denn ist. Nicht nur, dass Martin seine eigenen Chars zur Unkenntlichkeit und nur nach eigenem Wollen verbiegt, nein, jetzt auch noch solche Schoten, die nur zeigen, dass er nicht mal in der Lage ist, seine schriftstellerischen Hausaufgaben zu machen!
Na gut, das war eh an einem Punkt, wo ich drauf und dran war, das Buch weg und zum anderen zu legen, den dritten Band ungelesen zu den anderen zu packen, die Bücher aus der Wishlist bei Amazon zu löschen und Marcus‘ zu verbieten, auch nur daran zu denken, mir jemals noch so ein Stück Dreck zu schenken.
Doch irgendwie ließ mich das nicht los. Vielleicht, weil ich natürlich mittlerweile auf jeden noch so kleinen Fehler achtete, weil ich einfach nur noch lernen wollte, wie man es nicht machen sollte, wie ich es niemals würde machen wollen, in dem was ich schreibe und auch, weil ich mir nicht vorstellen konnte, wie einem erfahrenen Autor wie Martin so ein Schularbeitding unterlaufen konnte. Und da fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren... es bleibt zwar immer noch unlogisch, dass die Botenkrähe so viel länger als die Gerüchte brauchte, aber er versuchte damit schlicht einen unglaublichen Fehler zu vertuschen.
Denn vier Tage vor Neds Festnahme, drei Tage vor dem Schreiben des Briefs, saß er ja noch zu Gericht und alles, was da zu lesen war, war, dass es kleinere Überfälle gegeben hat. Aber ist absolut logisch, dass zu der Zeit Robb seine Armen sammelte und die Lannisters bereits marschierten. Jeder im Reich erfährt es, aber nicht des Königs Hand? Jeder weiß Bescheid, nur nicht der, der... und genau da klappte mein Mund auf. Ned hätte es erfahren müssen und das die Heere sich bildeten war zu einem Zeitpunkt, wo das Gespräch mit der König, was sein endgültiges Verderben geworden war noch gar nicht stattgefunden hätte. Und das wäre etwas gewesen, wo Martin sich hätte biegen können, wie er wollte, Eddard Stark wäre mit seinen Töchtern nach Winterfell zurückgeeilt und alles hätte eigentlich anders kommen müssen.
Auf einmal war das Buch das mit Abstand Schlechteste, was ich je gelesen habe, durchzogen von reinem Wollen und Geldgier des Autors, denn mit Logik hatte das gar nichts mehr zu tun und schon gar nichts aus Charakterhandeln heraus. Obendrein verschleiert er Informationen vor dem Leser, wie es miese Krimiautoren in den 40’ern taten.
Da war ich so auf Seite 350 und ich nahm mir vor, es doch noch zu Ende zu lesen... weil... schlimmer konnte es ja eigentlich nicht mehr kommen und halt der Lerneffekt. Klar.
Man mag mir zu recht vorwerfen, ich würde nur noch suchen nach den Fehlern, aber das ganze... war dann wirklich so offensichtlich letztendlich, dass es wirklich weh tut.
Knappe Erwähnung sollte noch Neds Hinrichtung finden. Dass sie in einem Arya-Kapitel stattfand, ist ja OK, aber das man sie wieder nur als Geräusch beschrieben findet, ist auch wieder so eine Sache wie bei Brans Fenstersturz. Wieder beschreibt er dann doch nicht das, was genug Leser zum Weglegen des Buches gezwungen hätte... Schwach! Schwach! Schwach!
Ich muss da eindeutig sagen, jemand, der gerne historische Literatur liest, wäre mit zum Beispiel der Wanderhure von Ini Lorenz besser bedient. Diese deutsche Autorin beschreibt diese Zeit nicht weniger brutal und wie sie eben war. Aber dabei handeln ihre Charaktere immer und zu jeder Zeit Charakterkonform und nicht einmal merkt man als Leser, dass da ein Wollen des Autors hinter steckt.
Obendrein vermag sie auch die Brutalität in nicht beschönigende, aber doch angemessene Worte zu fassen, denn mich hat es dann wirklich nur noch angenervt, das Martin neumoderne Kraftausdrücke benutzt und er somit dann nicht mal den Willen zu einer adäquaten Wortfindung an den Tag legte.
Was also bleibt neben offensichtlichen Zurechtbiegungen des Autors, schlimmen, handwerklichen Fehlern und einer – und ich schreib es jetzt auch mal so, wie er – scheiß Sprache? Tatsächlich, es gibt auch noch positive Elemente.
Wieder einmal sind die Handlungsstränge um Jon Snow und Daenerys wirkliche Highlights. Gute Fantasy, glaubwürdig und spannend erzählt. Nach meinem Geschmack erlebt Daenerys zu viel Scheiße, aber gerade im Gespräch mit dem Götterweib wurde mir klar, dass so vielen Menschen so dermaßen unglaubliches Leid widerfährt, dass es fast schon ungerecht wäre, wenn es Daenerys anders erginge. Ganz davon ab, dass wenn sie mit ihrem Mann glücklich und ein gesundes Kind bekommen hätte, wohl das Buch auch sehr viel schneller zu Ende gewesen wäre.
Da war dann wieder die Überlegung, dass Martin sich selbst und dem Leser einen größeren Gefallen getan hätte, wenn er sich mehr auf die Handlungsstränge konzentriert hätte und alles in den Sieben Königslanden kürzer und knapper erzählt hätte. Die Fehler wären nicht so offensichtlich gewesen und andere Autoren können Mittelalter dann doch erheblich besser als er. Lieber zwei bis drei wirklich gute Bücher, als acht eher Schlechte.
Positiv ist auch die Darstellung Sansas anzumerken. Sansa ist als Püppchen, als Blondine so unglaublich glaubwürdig. Es schmerzt, es zu lesen, aber es ist real und wirklich. Beängstigend wirklich. Und da könnte man Cat und Ned links und rechts eine runter hauen, so etwas aus einem Mädchen erziehen zu lassen. Irgendwann war ich sogar an dem Punkt, wo ich mich fragte, wessen Kind sie eigentlich wirklich ist, denn in ihren Adern konnte weder Cats, noch Neds Blut fließen. Das schien mir unmöglich, bis das Sansa-Kapitel nach dem Tod ihres Vaters kam und bei ihr der Gedanke, ihren ehemals geliebten Joffrey einfach von den Zinnen zu stoßen. Da war sie die Stark. Und ich bin gespannt, was aus ihr noch wird.
Bis zu diesem Zeitpunkt und da waren es eben noch 100 Seiten bis zum Ende, war ich der festen Überzeugung, mein Fazit würde aus zwei Worten bestehen: Finger weg! Aber dann kamen eben die letzten 100 Seiten. Vorher hab ich 14 Tage für 350 Seiten gebraucht und die letzten 100 las ich dann in einem Rutsch weg.
Darin macht Martin zwar nicht alles weg. Ich kann die o. g. Fehler weder vergessen, noch verzeihen, aber in diesen 100 Seiten beweist er wirklich, dass er es kann und nur schlimmer als Salvatore nicht nur mal ein gutes und dann ein schlechtes Buch abliefert, nein, Martin macht es kapitelweise.
Alles fing mit Bran an, als er von seinem Vater träumt und es in die Katakomben geht. Ein absolut fantastisches Kapitel, voller Mystik und Spannung, obwohl nicht wirklich was passiert. Aber es fesselt und ich dachte, er kann es ja doch... aber es ging weiter und wurde nur noch besser.
Als die Lannisters vor Riverrun die Niederlage erlitten und Jaime festgesetzt wurde und dann die Diskussion der Lannisters fühlte ich zum ersten Mal Befriedigung. Endlich hatten auch die Arschlöcher mal einen Abbekommen. Wunderbar.
Als dann aber auch noch Robb zum König des Nordens ausgerufen wurde... diese knapp eine Seite am Ende von Cats letztem Kapitel... erst stellten sich mir die Nackenhaare auf und dann hatte mein Körper eine Gänsehaut. Selten in meinem Leben hab ich so etwas Heroisches gelesen und ich hätte ja am liebsten selbst: „König des Nordens!“, mit ausgerufen.
Und dann war dann immer noch nicht Schluss. Daenerys trägt ihren Mann zu Grabe, noch mal diese unglaubliche Liebe, die sie für ihn fühlte, ihr Gang in die Flammen und die Geburt der Drachen... phänomenal.
Bis Seite 350 hätte ich gesagt, die Stränge um Jon und Dany können es nicht raus reißen, aber die letzten 100 Seiten taten es und ich werde doch weiter lesen.
Mein Fazit also lautet dann doch letztendlich:
Wie beim ersten Buch. Lasst es euch schenken, bereitet euch auf viel schlechte Schreibe vor, aber ihr werdet auch tatsächlich, wie es die netten Werbesätzchen auf der Front- und Rückseite des Buches beschreiben, mit absolut genialer Schreibkunst belohnt.
Das Lied von Eis & Feuer 2 - Das Erbe von Winterfell
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