Der Erste Horn ist der Auftakt der Saga Das Geheimnis von Askir vom deutschen Autor Richard Schwartz, das mittlerweile sechs Bände und ein Sequel umfasst.
Die Geschichte beginnt in einer Taverne auf einem Bergpass. Eine junge Maestra, Leandra, betritt die Taverne auf der Suche nach einem Helden, der eine Schlacht geführt hat und jetzt wieder für Kröne und Land benötigt wird. Der vermutliche Held, Havald, ist wenig begeistert, doch warum offenbart sich nicht. Dafür aber wird der Gasthof eingeschneit. Ein Wintereinbruch geschieht, wie ihn kein Sterblicher je erlebt hat und alle sind in der Taverne gefangen. Dann passiert in der Nacht ein Mord. Doch während alles auf einen Werwolf hindeutet, ist dies nur der Auftakt zu einer Geschichte, die in tiefster Vergangenheit ihren Anfang nahm, alle Länder zu erschüttern vermag und man nicht mehr weiß, wer wo wie einzuschätzen ist.
Ach herje... wo fang ich an? Es ist so viel... so viel, das ich eigentlich sagen, also schreiben müsste. Fange ich am besten an, was für eine Fantasy das Buch ist. Dabei ist es einfacher, zu schreiben, was es nicht ist: Episch. Es gibt keine großen Heere, keine gewaltigen Schlachten. Alles findet in und unter der Taverne statt. Ein eng begrenzter Raum... und doch ist es so gewaltig, wie selten etwas, das ich gelesen habe.
Was aber ist es dann?
Erst einmal eine absolut runde Fantasygeschichte mit Hand und Fuß. Sie ist klar und deutlich erzählt und das aus der Autobiografischen Ich-Perspektive Havalds. Ist erst etwas ungewohnt, aber man gewöhnt sich sehr schnell und gerade für Gedanken ist diese Erzählform perfekt. Und Havald denkt viel.
Die Geschichte selbst wirft viele Fragen auf, die aber im Verlauf des Buches alle ausführlich erklärt werden. Wenn man sich, wie es ja muss bei Fantasy, auf die Welt einlässt, ist alles, was Schwartz erzählt sehr real und nicht nur glaubwürdig, sondern Tatsache. Nicht einmal bedient der Autor sich eines göttlichen Autowillens, alles ist im Fluss und baut logisch aufeinander auf. Ich habe nicht auch nur einen Fehler entdeckt, nicht den Kleinsten.
Dabei bedient Schwartz sich einer sehr eingänglichen, akkuraten Sprache, die sehr an die Wortwahl eines Frank Rehfeld erinnert, aber dann doch nicht so fast militärisch akkurat, sondern verspielter, etwas lyrischer ist. Trotzdem ist er auch sehr direkt und benutzt ausdrücke, wie man sie sonst eigentlich nur bei Martin findet. Aber, und es ist ein verdammt großes Aber, er versucht damit nicht zu provozieren, nicht den Leser zu düpieren, wie ich es bei Martin immer glaube. Bei Schwartz ist es ein logischer Schluss. Frei nach dem Motto: Warum groß nach Worten suchen, wenn dieses es genau trifft und dann benutz ich halt das v-Wort. Jedoch überschreitet Schwartz dabei niemals die schmale Grenze zur Vulgarität. Nein, es passt einfach und damit ist gut und vor allem ist ES gut. Entsprechend eingänglich und flüssig ist das gesamte Buch zu lesen.
Dann ist es ein Buch über Geschichte. Obwohl nur in einer Taverne, faltet Schwartz langsam aber sicher eine Karte auf und erklärt hier und dort und immer größer entfaltet sich eine Welt. Seine Welt. Und er lädt den Leser ein darin zu versinken. Wer es schafft, sich dem zu widersetzen, der tut mir leid
Dann ist es auf jeden Fall auch ein Krimi. Stellenweise so aufgebaut und gerade beim Verwirrspiel, wer nun wie geartet seine Gesinnung hat, erinnert fast schon manchmal an Eine Leiche zum Dessert.
Auch ist es Mystery, denn was mit einem unnatürlichen Wintersturm und einem Werwolf beginn, mausert sich zu einem Monster aus Magie und der Kraft, die die Welt zusammen hält. Dabei sind gerade die Erklärungen und Funktionsweisen der Magie in der schwartzschen Welt extrem logisch und vollkommen klar und verständlich. Hervorragend. Zwar gut zusammen geklaut, aber man kann eben das Rad nicht neu erfinden. Wenn man aber so gut das Bekannte würzt, wie Schwartz, kommt auch was Wunderbares raus.
Dann die Charaktere. Es gibt nur ein Wort: Wundervoll. Die Hauptcharaktere füllen sich immer mehr und mehr mit Leben und gerade Havalds Geschichte ist der Hammer in Tüten. Als seine Geschichte von ihm oder auch mal anderen erzählt wird (Warum von anderen? Lest selbst *gg*), bin ich stellenweise wirklich in die Welt eingetaucht und in ihr versunken. Vor allem aber, weil sie eben erzählt wird und nicht geheimnisverwoben im Hintergrund gehalten wird. Aber auch sonst sind alle Charaktere wirklich gelungen erzählt und sie werden immer größer und nie unlogisch. Vor allem muss hier die Dunkelelfe genannt werden, bei der mir nur ein Wort einfällt: Absolut genial. Eine Drow, wie sie sein muss, aber doch so anders und viel mehr. Es war mehr als nur ein Genuss, sie zu lesen. Und doch muss ich hier natürlich auch Jonas, Sieglinde, Eberhard und natürlich auch Leandra und Havald nennen. Sie stehen in dem nichts zurück, sind aber halt nur Menschen, bzw. eine Halbelfe.
Erotik. Muss genannt werden. Hat das Buch eine ganze Menge von. Mal sehr schön versteckt, aber spürbar. Dann sehr direkt, zum Teil etwas nah an heftig, aber nie die Grenze überschreitend. Es passiert halt im Kopf. Und wenn man es liest, wünscht man sich, es passiert nicht, aber die Aufregung dabei bleibt. Dabei aber verzichtet Schwartz vollkommen auf explizite Beschreibungen. Er arbeitet perfekt mit dem Kopfkino des Lesers. Also macht er es genau richtig. Er gibt nur Stichworte. Den Rest macht man selbst.
Explizit. Genauer wird er da schon bei Kämpfen. Nicht die Durchführung. Er ist wahrlich kein Salvatore. Seine Kämpfe sind meist nur zwei Sätze lang oder es wird sogar nur beschrieben, was zu hören ist. Etwas... genauer... ist er dann in dem, was das Ergebnis ist. Aber auch hier überschreitet er nie die Grenze des guten Geschmacks, wie schon bei den Kraftausdrücken. Wenn, macht man es im eigenen Kopf.
Humor. Ja, selbst der. Und immer wieder mal. Mal ein Schmunzeln, dann auch lautes Lachen. Genau richtig.
Romantik. Ja, auch die und nicht zu knapp. Dabei aber wahrlich nicht hollywoodmäßig, sondern auf sehr schöne, verspielte, zärtliche Art und Weise erzählt, dass man auch als Mann einfach ins schwärmen und träumen gelangen muss, es einem mehrfach ein tiefes Seufzen entlockt.
Man liest also ein Buch, das alles hat, was ein gutes Fantasybuch braucht. Und es ist noch mehr da, was es eben zu einem großartigen Fantasybuch macht. Alles genau dosiert, sprachlich hervorragend rüber gebracht. In sich schlüssig und bis zum Ende erzählt!
Das Ende. Genau... da schafft Schwartz gleich zwei Dinge, die nicht wirklich selbstverständlich sind. Nicht mal eines davon. Zum einen ist das das richtige Happy End. Wahrlich kein Hollywoodende, denn es ist perfekt ohne schmalzig zu sein. Wer jetzt glaubt, dass Leandra und Havald sich bekommen... nein... die bekommen sich schon mitten im Buch, als logische Folge des Vorangegangenen. Aber ohne, dass die Beziehung der beiden dadurch einen Höhepunkt hat, der alles beendet, es geht schlicht weiter und das wunderschön. Nein, es liegt daran, dass er ein deutscher Autor ist. Deutsche und richtiges Happy End? Ohne Einschränkung? Ich hab mich vergewissert. Er ist wirklich Deutscher.
Und zweitens. Das Buch ist zu Ende. Es hat einen kleinen Cliffhanger, ja, aber wäre es keine Saga geworden, so hätte dies Buch einfach stehen bleiben können. Kein hier geht's bald weiter, kein vom Verlag vorgegebenes schreib mehr, Autor. Der einzige, der nach mehr schreit, ist der Leser! Und so soll es sein. Und Schwartz hat es dann ja auch gemacht.
Gänsehaut!
Ich widme dem einen ganzen Absatz. Gänsehaut zaubern Autoren selten und wenn sie es schaffen, dann sind es die Guten und wenn ich jetzt Namen nenne, die es bei mir geschafft haben, so wird es keinen überraschen, dass ich sie nenne, wer meine Rezensionen kennt. Hardebusch, Tolkien, Rehfeld, McKirnan.
Aber bis jetzt haben es nur zwei Autoren geschafft, dass ich ein ganzes Kapitel lang Gänsehaut hatte. Hennen zwei Mal im dritten Elfenritter und natürlich Eddings und das auch gleich kapitelweise. Aber das weiß eh jeder, der mich kennt, dass Eddings für mich ganz oben steht und dann lange, lange nichts kommt. Aber jetzt ist jemand Drittes hinzugekommen. Mit dem Kapitel Appell, dass ich von vorn bis hinten mit Tränen in den Augen und Gänsehaut am ganzen Leib las. Und dann bis zum Ende spielte Schwartz auf mir, wie auf einer Lautensaite. Spielt in hellen, wundervollen Tönen immer wieder diese Saite an und brachte mich dazu, die letzten Seiten des Buches endgültig zu verschlingen. Ich erlebte den Eddingseffekt. Die Seite schon umblättern zu wollen, obwohl ich noch gar nicht am Ende angelangt war. Er hat es geschafft... tatsächlich. Und das ist Magie. Die Magie des Schreibens. Das ist vielleicht der letzte Rest von mystischem in unserer heutigen, traurigen Welt. Der Kurze Moment des Aufblitzens eines anderen Dasein, wie man es eben bei guter Musik, einem guten Film oder einem guten Buch hat... wie diesem Buch. Das Erste Horn hat diese Magie! Danke, Herr Schwartz!
Ihr meint ich klänge euphorisch? Enthusiastisch? Wird daran liegen, dass ich genau das bin.
Deswegen lautet mein Fazit:
Absolut hervorragende, gigantische Fantasy mit Gänsehauteffekt und einer Geschichte, die wirklich alles beinhaltet, was man sich als Leser nur wünschen kann. Es ist auf meine Wunschliste gewandert. Ich will es, aber auch die ganze Saga haben! Als einzige Ausrede, dass es nicht absolut begeistert, würde ich vielleicht ein Ist nicht mein Geschmack gelten lassen. OK, innerlich würde ich dann aber denken: Was bist du denn für einer? Ich für meinen Teil will nur eines: Mehr... mehr... mehr!!!
P.S.:
Monika? *lieblächel* Hattest du nicht gesagt, du hast noch ein paar Folgebände, als du mir das Buch liehst? Da kommt doch der Linnemäään... und es wird doch soooooooo lange dauern, bis ich mir die anschaffen kann... *nochlieberlächel*
