Mit dem Buch Sturmwelten - Jenseits der Drachenküste beendet Christoph Hardebusch seine dreiteilige Geschichte um die Sturmwelten - endlich.
Jaquento und Roxane jagen dem Artefakt hinterher. Ohne dabei zu wissen, was sie da eigentlich verfolgen, denn nicht nur eine weitere Macht hat sich der Jagd angeschlossen, es sind gleich mehrere. Auch ohne Wissen darüber stolpern sie in den Reichen des Drachenkaisers über diese Mächte, werden zum Spielball aller, die das Artefakt wollen und finden endlich heraus, was es eigentlich wirklich ist. Nur um festzustellen, dass es nicht weniger als den Untergang der bekannten Welt bedeutet, wenn es in die falschen Hände gerät.
In einer gewaltigen Seeschlacht entscheidet sich das Schicksal und nicht nur das der Welt, sondern aller Freunde und Protagonisten, die es zu eben jenem Zeitpunkt an diesen schicksalsträchtigen Ort geführt hat.
Was für ein Höhepunkt. Hardebusch macht da weiter, wo er aufgehört hat. In fesselnder und zugleich spannender Weise bringt er seine Geschichte weiter bis zum absoluten Höhepunkt. Einmal mehr habe ich eines seiner Bücher verschlungen und er bestätigt meinen Eindruck, dass er eben auch zu der Gilde jener deutschen Autoren gehört, die gute Fantasy schreiben. Das aber ohne herausragend zu sein, dafür aber ohne wirklich Fehler zu machen. Handfest - das ist eben das Wort, was mir einfällt. Bücher, mit denen man einfach nichts verkehrt machen kann.
Obwohl ich zugeben muss, dass Hardebusch doch schon zwei Fehler gemacht hat. Wobei der eine vielleicht nicht auf seinen Mist gewachsen ist. Mit diesem will ich auch beginnen. Es geht schlicht um den Veröffentlichungszeitraum. Zwei Jahre ist es quasi her, dass der zweite Band der Sturmwelten erschienen war. Und das ist eine viel zu lange Zeit. Ich musste mir mühsam zusammenreimen, wie es denn noch mal gewesen war in den Büchern zuvor und gerade bei Tareisa konnte ich mich wirklich nicht mehr erinnern, wie sie in ihre Lage kam. Hardebusch schreibt gut, aber er schreibt eben nicht unvergesslich. Ich hab keine Ahnung, warum er zwischendurch die Werwölfe schreiben musste. Ob jetzt auf Befehl von Heyne hin oder ob er mal einfach was Anderes machen wollte. Für ihn mag es gut und nett gewesen sein, für den Leser definitiv nicht.
Das zweite ist seine Detailliebe. Ich erinnere mich noch zu gut an das erste Buch, wo ein seitenlanger Anhang war, in dem er seine Quellen auflistete. Auch wenn das mit Sicherheit zur Genauigkeit und Richtigkeit beigetragen hat, finde ich es doch recht bedenklich, einen Quellennachweis in einem vermeintlichem Fantasyroman vorzufinden. Denn wo bleibt dann die Fantasy? Sei, es wie es sei. Es hat wohl dazu beigetragen, dass sowohl das Leben an Bord eines Schiffes korrekt dargestellt wurde, dass die Seeschlachten so beschrieben wurden, wie sie auch damals stattgefunden haben und dass Befehlsstrukturen sich eben so präsentierten, wie sie sich im Buch präsentieren. Wo er aber definitiv übertrieben hat, ist die Benutzung von Fachbegriffen. Ein Beispiel ist das Fallreep. Schön das er das Wort benutzt, aber hätte es die Strickleiter nicht auch getan. Hätte eben jenes Wort da gestanden, hätten vielleicht fünf von 100 Lesern aufgemotzt, dass es doch Fallreep auf einem Segelschiff heißen würde, aber 60 von 100 Lesern hätten es wenigstens sofort verstanden. Und das ist nur ein kleines Beispiel. Es gab Worte, die ich vielleicht mal gehört habe, aber von denen ich nicht ansatzweise wusste, was sie bedeuten, nicht mal aus dem Zusammenhang. So kam es, dass ich ganze Sätze schlicht nicht verstand. Und sorry es so zu sagen, aber sooo fesselnd schreibt Hardebusch auch nicht, dass ich das nachgeschlagen würde. Oh... es gibt ein Glossar am Ende des Buches... aber nicht nur, dass ich es erst nach der Hälfte des Buches entdeckte, nein... selbst da nachzuschlagen, war ich dann doch zu faul. Man könnte sagen, ich sei selbst Schuld, man kann aber auch sagen, dass Hardebusch sich mit Sicherheit keinen Zacken aus der Krone gebrochen hätte, hätte er es verständlicher geschrieben und mit Worten, die dann doch allgemein bekannter sind. Oder es hätte irgendwo auf dem Einband des Buches/der Bücher stehen sollen, dass man es nur dann richtig lesen kann, wenn man seinen Militärdienst auf der Gorch Fock abgeleistet hat. Authentizität sollte eigentlich gegenüber Verständlichkeit zurück stehen! Gerade bei der Belletristik. Das ist doch kein Sachbuch oder historischer Roman, der Realitätsanspruch hat, denn was hat dann Magie da zu suchen oder Drachen?
Und dann die große Frage: Sind die Sturmwelten eigentlich Fantasy, so wie sie beworben sind? Ich muss das eindeutig mit nein beantworten. Die Sturmwelten sind eindeutig Abenteuerromane mit einer Fantasyaffinität, aber auch nicht mehr. Obwohl das eigentlich seltsam ist. Es gibt genug Fantasy, wo nicht mehr Magie vorkommt und gerade im dritten Band wird sich ihrer reichlich bedient und auch das fehlen fantastischer Völker bis auf die Drachen ist eigentlich kein K.O.-Kriterium, denn es gibt genug Bücher, die ich sofort als Fantasy bezeichnen würde und die auch nicht mit Elfen, Zwergen und all den anderen aufwarten. Nein, es ist die Welt an sich. Egal, was Hardebusch auffährt, es gelingt ihm nicht, eine fantastische oder gar magische Welt zu malen. Es ist unsere Welt im elisabethanischen Zeitalter und die Magie und die Drachen sind nur Beiwerk. Für mich so was wie ein Etikettenschwindel. Es hat mich jetzt zwar nicht gestört, weil es ein wirklich guter Abenteuerzyklus ist, aber wer Fantasy in der Art der Trolle erwartet, kann nur enttäuscht werden und wer wirklich nur Fantasy liest und selbst bei historischer Literatur einen Bogen macht, wird mit den Sturmwelten keinen wirklichen Spaß haben können.
Wer aber Abenteuerroman im Stil der großen Leinwandfilme der 60'er mag, der wird belohnt werden. Es ist einfach schön zu lesen, wie Hardebusch alle einzelnen Handlungsfäden und Charaktere zueinander führt und das wirklich an einen einzigen Ort. Wie sich ein gigantisches Finale zusammen braut, dass an Spannung kaum zu überbieten ist und auch die Auflösung von allem tatsächlich die ein oder andere kleine Überraschung parat hält.
Auch sehr schön, dass Hardebusch eine Geschichte erzählt, sie gut und handfest erzählt und eben auch erklärt. Die Geschichte wird aufgelöst. Manche Rezendenten bei Amazon schrieben, dass die Mitte des Buches Längen hätte... ganz toll... die sollen einen Heitz lesen, denn genau in der Mitte erfährt man als Leser endlich, worum es eigentlich geht. Dass dabei dann eben mal kein Blut fließt, dient eindeutig der Sache und es macht das Buch einfach rund.
Und richtig gut ist, dass Hardebusch sich am Ende noch mal die Zeit nimmt, um auf das Danach für die Charaktere einzugehen und sie nicht einfach in der Luft hängen lässt.
Einmal mehr also für mich ein gelungener Hardebusch, der kaum Fehler macht und den Leser mit einer in sich geschlossenen Geschichte verwöhnt, die reich an aktiongeladenen Höhepunkten ist. Auf dem Buchrücken steht dazu aber noch wieder Epos... na ja... wie bei der Sache mit der Fantasy, gehört für mich für epische Geschichten mehr als große Schlachten und das Retten der ganzen Welt. Es gehört auch das Gefühl für episch dazu und das fehlt. Es ist eine Geschichte in einer Welt. Nicht mehr, nicht weniger, aber die wird auf jeden Fall sehr gut erzählt.
Fazit:
Ein sehr, sehr guter Abschluss einer guten Saga. Ich habe viel Spaß mit ihr gehabt, trotz der negativen Kritikpunkte, die ich oben genannt habe und kann die Sturmwelten von Hardebusch nur rundum empfehlen. Einzige Ausnahme ist: Wer Fantasy will, der sollte es sich zwei Mal überlegen zu diesen Büchern zu greifen, denn es ist keine Fantasy, es ist eindeutig ein Erol Flynn-Revival!
Sturmwelten - Jenseits der Drachenküste
Moderator: Thorn La Fahr
- Thorn La Fahr
- Ledain

- Beiträge: 3974
- Registriert: Mi 4. Jun 2008, 15:54
- Wohnort: Lemurain
- Kontaktdaten: